f.zz.de
posts /

Das Auto macht uns total verrückt

Posted Wed 06 Jul 2016 05:38:52 PM CEST Florian Lohoff
in

Ein Spannendes interview von 2007 mit Hermann Knoflacher in der Zeit.

Das Auto macht uns total verrückt

Sehr spannend zu lesen wie sehr das Auto und die mobilität mit demselben die Gesellschaft (nicht nur zum guten) verändert hat. Nicht das ich viel mit den radikalen Ansätzen anfangen kann aber ein paar Dinge sind doch sehr bemerkenswert.

Tatsächlich gibt es keine Zeiteinsparung durch höhere Geschwindigkeiten. Es steigen nur die Entfernungen bei gleicher Wegzeit.

Die Folge ist wohl das weil wir uns schneller bewegen einfach die Wege größer werden. D.h. da wir mehr und weiter Auto fahren können die Supermärkte weiter konzentrieren am Stadtrand und nicht mehr lokal vor Ort sein.

Interessanterweise ist die Zeit, die täglich für Mobilität aufgewandt wird, rund um den Globus mehr oder weniger konstant. Allerdings sind die bewältigten Distanzen unterschiedlich.

D.h. auch das alle bemühungen Mobilität zu verbessern eigentlich der falsche weg sind. Es geht darum die Mobilität zu reduzieren da sie Energieintensiv ist (Wenn nicht z.b. zu Fuß oder mit dem Rad) und lieber die Bedürfnissbefriedigung, die ja ursächlich für die Mobilität ist, wieder lokal möglich zu machen.

Früher durfte der Fußgänger die gesamte Straßenfläche beanspruchen – 7000 Jahre lang! Während der letzten 50 Jahre haben wir den Fußgänger an den Rand gedrängt und wundern uns, warum diese Mobilitätsform verschwindet. Wir haben Strukturen gebaut, die die Menschen zum Autofahren zwingen!

Diese Erkenntniss habe ich durch mein intensiviertes Radfahren auch gewonnen. Unsere Infrastruktur ist fast ausschliesslich auf das Auto ausgerichtet. Radfahrer werden bestenfalls geduldet.

Jede Benzinpreiserhöhung ist eine rein symptomatische Behandlung und führt automatisch in die soziale Falle. Wenn sich nur Reiche das Benzin leisten können und Arme nicht, bleibt das Verkehrsproblem ungelöst, und eine soziale Ungerechtigkeit kommt hinzu. Man muss beim Parkplatz und beim Weg dorthin ansetzen. Wenn man den Parkraum richtig organisiert, entstehen autofreie Bereiche mit hoher Lebensqualität. Wer ruhig schlafen will, der muss halt weiter zum Auto gehen. Und wer das Auto vorzieht, der muss eben dort wohnen, wo es laut und stinkig ist. Man muss die Autoabstellplätze so organisieren wie die Haltestellen des öffentlichen Verkehrs.

Und das wiederum ist sehr Spannend. Die Konsequenz ist das die Mobilität in der Stadtplanung ansetzen muss und nicht in der Besteuerung.

Insgesamt hat Hermann Knoflacher noch ein paar andere Spannende Methoden seinen Studenten den Flächenverbrauch von Automobilität nahe zu bringen.